Der Weg nach Santiago Lyrik am Weg Navigator Von einer kleinen Anhöhe aus hat man den besten Blick über den kleinen Ort. Und hier fallen vor allem die vielen unterschiedlichen Dächer mit ihren typischen Ziegeln auf …… Über den Dächern von Belorado Alte Ziegel - grau vor Alter, viele sind angebrochen; teils wirr hängen sie hilflos und ohne Plan. Neue Ziegel - ein sanftes Rot, klare Strukturen. Das Ineinandergreifen hält sie zusammen. Ob alt, ob neu - wichtig ist ihre gemeinsame Schutzfunktion. Diese Zeilen entstanden, während ich durch die Oca-Berge stiefelte. Das Tagesziel hieß San Juan de Ortega und die Knoblauchsuppe wartete schon …… Wandern (San Juan de Ortega) Müde geh' ich, Schritt für Schritt meinem Ziel entgegen. Nehm' so manchen Eindruck mit von allen meinen Wegen. Ein freundlich' Wort, ein Lachen hier, ein Winken dort von jener Tür; die Hügel auf und nieder. Ein Blick nach vorn, ein Blick zurück und schnell ist dieser Augenblick Vergangenheit schon wieder. Trotz schönstem Wetter blies der Wind auf der Burgruine recht heftig. Von hier gibt es einen tollen Ausblick auf den Weg zurück …… Burgblick Der Wind pfeift mir um die Ohren und meine Jacke bläht sich auf. Ich kann zurücksehen auf unsere Tagesetappe. Ganz weit entfernt sehe ich einen Pilger - noch als kleinen Punkt. Castrojeriz schmiegt sich zu meinen Füßen an den Hügel. Hier gefällt's mir!! Am Bewässerungskanal kurz vor Fromista lässt es sich gut rasten …… Spürbar Ein sattes Grün breitet sich vor uns aus; Wiesen und Felder, so weit das Auge reicht. Am Horizont sehe ich ein kleines Haus, Vögel gleiten durch die Luft, ganz leicht. Neben mir im Wasser, ich seh' ihn, den Frosch, der quakt. Ich seh' auch die Blumen, die Gräser und viel Schönes mehr. Fast ist "er" zu greifen: Der Frühling ist angesagt; er liegt in der Luft und die Natur freut sich sehr. Ein angenehmer Pfingstsonntagmorgen in Villalcázar de Sirga. Ich sitze vor einer kleinen Bar und eine Pilgerin passiert gerade mit einem kleinen Bärchen am Rucksack …… Pfingstmorgen Vögel ziehen durch die Luft, der Himmel strahlt in Blau. Von irgendwo ein zarter Duft, ich weiß nicht so genau von woher er stammt und ich blick' auf und wende mich, bestaune meinen Fund. Viel' hundert Farben mischen sich zu einem Blumenfeld. Wie schön ist doch die Welt! Sonne, Hitzebläschen, Schweiß, tolle Backsteinbauten, Refugio La Trinidad. Das alles erinnert mich an Sahagún . Ganz besonders beeindruckt haben mich die beiden Kirchen San Lorenzo und San Tirso …… San Lorenzo Eine Kirche aus Ziegelbauweise, siebenhundert Jahre alt. Es ist ihr anzusehen, was sie schon alles mitgemacht hat. Doch voller Stolz steht sie da, hat Dynastien, Königsgeschlechter überlebt, beherbergte die Inquisition in ihren Mauern und gab Tausenden von Pilgern Schutz. Und ich stehe da und lehne mich so einfach an ihre Wand. Diese Zeilen sind ebenfalls in Rabanal del Camiono entstanden. Trotz der schönen Tage kann zuweilen sehr kühl werden. Dazu kommt dann noch der körperlich anstrengende Tag und schon beginnt das große Frösteln …… Mir ist kalt Ich lieg' im Schlafsack eingesackt, leg' noch 'ne Decke auf. Bis obenhin fest eingepackt, und fühle mich doch wie fast nackt, als läg' ich obendrauf. Ach, irgendwann, so fällt mir ein, da war es einstmals heiß. Doch mir kommt's vor, als war's nur Schein, das muß ein Traum gewesen sein, denn ich werd' bald zu Eis! So liege ich in meinem Bett. Was bin ich doch so arm! Und fänd' es wirklich riesig nett, wenn man Erbarmen mit mir hätt'. Wann wird es wieder warm? Zweiunddreißig Lauftage liegen hinter mir …… Santiago "Tick" ertönt es durch die Gassen und der Klang eilt uns voran. Noch liegt Santiago halb verlassen, frühmorgens kommen wir dort an. Noch ein paar Meter sind zu gehen, bald können wir die Kirche sehen; jetzt noch dieses eine Eck'. Und nach zweiunddreißig Tagen, Sonne, Blasen, Rucksacktragen, scheint dies alles sehr weit weg. Nun erscheint die Kathedrale und wir seh'n gespannt empor; stehen dann vor dem Portale, treten ein durchs große Tor. Ein Gottesdienst ist g'rad im Gange, dauert aber nicht mehr lange. Golden strahlt der Hochaltar. Ich grinse, als ich ihn dort sehe, sprech', während ich dann zu ihm gehe: "Hallo, Santiago! Wir sind da!"