Der Weg nach Santiago
Frankreich 2004 bis 2008
2006 - Le Puy en Velay bis Figeac
Navigator
Montag, 22. Mai 2006
Le Puy – Saint-Privat-d´Allier
28 km
Dienstag, 23. Mai 2006
Saint-Privat-d´Allier – Le Falzet
29 km
Mittwoch, 24. Mai 2006
Le Falzet – Saint Alban-sur-Limagnole
21 km
Donnerstag, 25. Mai 2006
Saint Alban-sur-Limagnole – Ferme des Gentianes
31 km
Freitag, 26. Mai 2006
Ferme des Gentianes – Aubrac
26 km
Samstag, 27. Mai 2006
Aubrac – St. Come d´Olt
28 km
Sonntag, 28. Mai 2006
St. Come d´Olt – Estaing
20 km
Montag, 29. Mai 2006
Estaing – Espeyrac
24 km
Dienstag, 30. Mai 2006
Espeyrac – Conques
15 km
Mittwoch, 31. Mai 2006
Conques – Livinhac
25 km
Donnerstag, 1. Juni 2006
Livinhac – Figeac
24 km
Nach den Erfahrungen der letztjährigen Busfahrt von Lyon nach Frankfurt, beschlossen wir wieder mit der Bahn zu fahren;
Liegewagen von Frankfurt nach Paris und von dort weiter über Lyon nach Le Puy. Die Liegenwagenfahrt war trotz der
vorherrschenden Enge recht lustig und so erreichten wir recht ausgeruht Le Puy am frühen Nachmittag bei strahlend
blauem Wetter. Nach einem ausführlichen Rundgang (Alfred war ja letztes Jahr nicht dabei gewesen) kamen wir in unserem
schon altbekannten Hotel "Bristol" gut unter.
Der erste Wandertag begann mit dichten Wolken und einem regelrechten Gedränge auf dem Pilgerweg. Vor und hinter uns
bewegten sich wahre Menschenmassen von meist weiblichen Pilgern. Wir kamen uns vor wie auf der Wallfahrt der Goldbacher
nach Maria Buchen. Doch nach der ersten mit dem Bus erreichbaren Ortschaft mit Bar waren die meisten Pilger dann doch
verschwunden. Dafür bliess uns der Wind fast die Hüte vom Kopf und der später einsetzende Regen ließ uns das erste Mal
seit langer Zeit wieder einen Schirm aufspannen. Doch das Naß war nur von kurzer Dauer und so erreichten wir St. Privat-
d´Allier trockenen Fußes. Am nächsten Tag war die Sonne wieder mit uns und wir durchquerten eine Landschaft die stark von
ihrer vulkanischen Vergangenheit geprägt ist. Die alten, erhärteten Lavaströme zeichneten sich deutlich an den schroffen
Felskanten ab.
Saugues hieß unsere nächste Station wo wir Mittagsrast einlegten. Bekannt wurde die Stadt
und die Region wegen eines Ungeheuers, das im späten Mittelalter zahlreiche Menschen
überfallen und getötet hatte. Im Bauernhof "Le Falzet" hatten wir "gite de ferme" gebucht.
Hier trafen wir wieder auf Pilger, die mit uns auf den Weg waren. Ein recht bunt gemischter
Haufen von Franzosen, Schweizern und Deutschen.
Mitten durch blühenden Ginster zog sich unser weiterer Weg. Leicht zu laufen und mit vielen
schönen Weitblicken. In St. Alban hatten wir im "Schloss" gebucht, ein nachgebauter
Prunkbau mit einem Meisterkoch als Chef. Hier ließen wir uns (entschuldbar vielleicht durch
unser schlechtes Französisch) überreden die Pilgerhalbpension zu nehmen, ein Fehler den
wir noch lange bereuten. Die Rechnung am Morgen, nachdem wir am Abend zuvor im
eigenen Restaurant die Regionalspezialität "Aligot" genießen durften, war entsprechend
gesalzen.
Die Landschaft wurde mit jedem Kilometer karger mit weiten Flächen und vereinzelnden
Bäumen. Wir kamen in das Aubrac, einer Hochebene die sehr stark an irische Landschaften
erinnert. Aufgehäufte Steinwälle taten ihr übriges. Im Bauernhof "Gentianes" waren wir gut
untergebracht, hier gab es wieder Aligot, aber viel preiswerter als gestern. Das Haus war
voll belegt und so ergaben sich interessante Gespräche, trotz der vorhandenen
Sprachbarrieren.
Der französischen Wegbeschreibung folgend schlugen wir einen Alternativweg ein, der an römischen Ausgrabungen vorbei
gehen sollte. Da musste ich natürlich hin. Die ersten Kilometer waren auch gut markiert, aber mitten auf einer Weide waren
wir dann "führungslos" und schlugen uns mit Hilfe von Franz GPS quer durch das sumpfige Weideland. Anstelle der römischen
Reste waren nur einige Maulwurfshügel zu finden und so kamen wir auf Umwegen recht abgekämpft in Aubrac an. Aubrac ist
das ganze Jahr ein kleines, verschlafenes Städtchen, doch einmal im Jahr kommen 50000 Franzosen mit ihren Wohnmobilen
um der "Transhumance" zuzuschauen, dem jährlichen Viehauftrieb. Just dieses Datum hatten wir natürlich erwischt. Aber wir
hatten das Glück rechtzeitig gebucht zu haben und so bekamen wir ein schönes Vierbettzimmer in der Feriensiedlung am
Rande des Ortes.
Ausgeruht mussten wir am nächsten Tag 1000 Meter tiefer in das Tal des
Lot nach St. Come d´Olt hinunter, einem schmucken Städtchen mit einer
Kirche mit gedrehtem Kirchturm. Kaum waren wir in unserer Unterkunft,
ließ uns Kuhglockengeläut ans Fenster stürzen. Die Transhumance hatte
uns doch noch erreicht. Unter unserem Hotelfenster zogen die buntge-
schmückten Kühe vorbei.
Auch am nächsten Tag früh, kurz nach unserem Aufbruch begegneten wir
einer großen Menge geschmückter Kühe, die von vielen fotografierwütigen
Touristen umringt waren. Wir folgten der von Kuhfladen gepflasteren Straße
am Fluss entlang und gelangten so zur beeindruckenden gotischen l´eglise
de Perse die wir gebührend bewunderten. Etwas später rasteten wir kurz in
Espalion an seiner Pilgerbrücke aus dem 13. Jahrhundert die zusammen
mit dem Vieux Palais und den Häusern am Fluss ein malerisches Ensemble
abgeben. Schon bald danach erreichten wir Estaing. Das schon von weitem sichtbare Schloss ist der Familienstammsitz des
früheren französischen Präsidenten Giscard d’Estaing. In unserem Hotel war auch eine Gruppe englischsprachiger Pilger, die
wir schon einige Male vorher getroffen hatten.
Auch am nächsten Tag liefen sie vor, bzw. hinter uns her bis Espeyrac. Beim
Einchecken in das von mir gebuchte Hotel stellte sich heraus, dass ich zwar
im Hotel "de la Valle" gebucht hatte, aber die Ortschaft nicht mit Espeyrac
identisch war. Das Hotel hier war durch die Gruppe schon komplett belegt,
aber die Gastfrau hatte Mitleid mit uns und stellte uns 2 Zimmer in einem
anderen Gebäude zur Verfügung. So ergab sich vor und nach dem Abend-
essen ein schöner Smaltalk mit einigen aus der Gruppe, die eine bemerkens-
wert hohe Altersstruktur hatte und die gleiche Wegstrecke liefen wie wir (wenn
auch ohne Gepäck).
So begannen wir morgens unseren Weg nach Conques gemeinsam mit der
Gruppe. Schon bald nach Mittag erreichten wir das Tagesziel. Conques liegt
wunderschön in einem engen Tal, eingerahmt von dichten Wäldern. Ich hatte
mir in den Kopf gesetzt, das 4 Sterne Hotel gegenüber der Kirche zu buchen. Zum Glück habe ich Mitwanderer, die für solch
ausgefallene Wünsche offen sind. Wir bekamen unsere Zimmer mit Blick auf das Westportal und genossen unseren Aufenthalt
im "Rothenburg ob der Tauber" Frankreichs. Die Kirche mit dem besterhaltenen Tympanon der Romanik ist das Überbleibsel
des Klosters Sainte-Foy, deren Überreste man im Mittelalter zwangsüberführt, oder besser gesagt gestohlen hatte um den
Pilgerstrom nach Conques zu lenken. Eine Führung durch den Obergaden der Kirche und ein Konzert am Abend rundeten
den Tag ab.
Der folgende Tag begann mit einem kurzen Ab- und steilen Aufstieg hoch zur Kapelle von Le Puy und einem mehr oder
weniger hügeligen Weg nach Livinhac, wo wir wieder privat unterkamen. Zusammen, wie sich beim Frühstück herausstellte,
mit einem Lehrerehepaar aus Aschaffenburg. Der weitere Weg folgte größtenteils der Straße bis wir unser diesjähriges Ziel
Figeac erreichten. Unser Hotel offerierte uns ein Fünfbettzimmer mit Galerie, in welchem wir uns ausbreiten. Ein Besuch
des Platzes der Schriften, einer übergroßen Kopie des Steines von Rosetta gab unserer Wanderung einen schönen Schluss,
wenn auch Figeac noch sehr viele andere Sehenswürdigkeiten aufweisen kann. Die Ehrung an den großen Sohn der Stadt,
Jean-Francois Champollion dem Entzifferer der Hieroglyphen, war für mich aber der Hauptanziehungspunkt.
Mit dem Bus fuhren wir am nächsten Tag durch das Tal des Lot nach Cahors. Mit seiner schönen Brücke sahen wir schon
einen Teil unseres nächstjährigen Weges. Von dort führte eine lange Strecke mit dem Zug nach Paris und weiter per
Liegewagen nach Hause.