Der Weg nach Santiago
Mai 1996 - Saint Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela
Astorga - Santiago
02. Juni 1996
Astorga – Rabanal
21 km
03. Juni 1996
Rabanal – Ponferrada
32 km
04. Juni 1996
Ponferrada – Villafranca del Bierzo
23 km
05. Juni 1996
Villafranca del Bierzo – Cebreiro
28 km
06. Juni 1996
Cebreiro – Triacastela
21 km
07. Juni 1996
Triacastela – Sarría
18 km
08. Juni 1996
Sarría – Portomarín
21 km
09. Juni 1996
Portomarín – Palas de Rei
23 km
10. Juni 1996
Palas de Rei – Arzúa
25 km
11. Juni 1996
Arzúa – Monte del Gozo
32 km
12. Juni 1996
Monte del Gozo –Santiago
4 km
23-Heute scheint sich unser Wetterglück zu wenden, unser Aufstieg auf den Rabanal wird von Minute zu Minute dunstiger.
Nach einem frühen Besuch des Vorzeigeortes Castrillo de los Polvazares laufen wir nach Rabanal del Camino. Eine kleine
Ortschaft mit einer Kirche, einer Bar und wenigen bewohnten Häusern. In der von Engländerinnen geführten Herberge
werden wir freundschaftlich aufgenommen. Der Gemeinschaftsraum ist voll mit Gästen. Ein Feuer im Kamin vertreibt die
klamme Kälte. Gerne hätte ich mir noch die römischen Erzgruben angeschaut, aber es reicht nur für einen Besuch in der
Bar wo wir unser Abendessen einnehmen und das Formel 1 Rennen in Barcelona im ewig laufenden Fernseher schauen.
24-Doch am nächsten Morgen sind die Wolken verschwunden. Als Letzte verlassen
wir das Refugio nach einem außergewöhnlichen Frühstück. Der Mond steht noch am
Himmel, wir durchqueren Foncebadon und stehen nach einiger Zeit am Cruz de Ferro
um unsere mitgebrachten Steine abzulegen. Ein ergreifender Moment in der Wanderung.
Der Abstieg nach El Acebo nach Molinaseca ist eines der schönsten Erlebnisse auf
unserem Weg. Wir schreiten durch ein Gemisch aus tausend Düften, der Schritt wird
leicht, so könnte es immer sein. In Ponferrada bleiben wir, ganz in der Nähe der
Burganlage. Das Refugio ist schmutzig und heruntergekommen, auch wenn sich der
holländische Herbergsvater große Mühe mit seinen Gästen gibt.
25-Wir sind nun im Bierzo, einer fruchtbaren Landschaft welche für seine Kirschen
berühmt ist. Vorbei an Weinfeldern und arbeitenden Bauern werden wir in Cacabelos
von einem freundlichen Postboten mit einer Flasche Wein beschenkt. In Villafranca
de Bierzo gibt es nur ein schmuddeliges Gewächshaus, dass als Unterkunft dient.
So bleiben wir im Hotel, auch wenn die Preise, vielleicht wegen des Refugios, ein
wenig überzogen sind. Die „Puerta del Perdon“ bleibt uns verschlossen, im Mittelalter
gab es hier für alle Pilger die Santiago nicht erreichen konnten den begehrten Ablass.
Bei einem Glas „Kapuziner Hefeweisbier“ lassen wir den Tag ausklingen.
26-Um der stark befahrenen Straße auszuweichen nehmen wir den Umweg über die Berge. Steil geht es nach oben, auch wir
kommen trotz 3 Wochen Jakobsweg schwer ins Schwitzen. Der Ausblick versöhnt uns aber mit den Mühen. Hinter Trabadelo
vereinigen sich die Wege wieder um noch einmal steil nach oben aufzusteigen. Der Cebreiro zeigt sich von seiner schwersten
Seite. Tapfer kämpfen wir uns nach oben. Nach dem Bezug des Zimmers im neuen Refugio besuchen wir die kleine Kirche mit
dem Gralkelch und bestaunen die alten keltischen Häuser. Ein Sonnenuntergang belohnt unsere Mühen.
27-150 Kilometer trennen uns von unserem Ziel. Nur noch wenige Tage unserer Pilgerschaft. Am Alto do Polo rasten wir kurz,
dann geht es über gewundene Wege nach Triacastela. Ein schönes Refugio mitten auf einer grünen Wiese. Bis es öffnet
vertreiben wir uns die Zeit mit Tagebuch schreiben und kühlen unsere Füße am eisigen Bach. Eine Gruppe Spanier die gerade
erst ihren Weg begonnen haben tut sich besonders schwer mit dem Vorwärtskommen. Beim Abendessen gibt es das erste Mal
galizische Kohlsuppe und ein interessantes Gespräch mit einem schwäbischen Radfahrpilger.
28-Wir wollen heute nach Samos, die Klosteranlage besichtigen. So zweigen wir vom Weg ab um über eine stark befahrene
Straße dorthin zu laufen. Zuweilen ist es fast lebensgefährlich, wir müssen uns an die Bergwand drücken um von den Lastern
nicht überfahren zu werden. Dafür ist der Besuch der Klosteranlage beeindruckend. Ein Benediktinerbruder führt uns durch
die Anlage. Unser Ziel heute ist Sarria wo wir im Hotel übernachten. Die Stadt enttäuscht, wenig Schönes können
wir erkennen.
29-Auf unser heutiges Ziel freue ich mich schon lange. Portomarin eine neue
Siedlung am Staudamm Belesar. Unter den Fluten des Sees liegt die alte Ortschaft,
über eine neue Brücke erreichen wir die neuen Häuser. Im Zentrum dominiert die
alte Wehrkirche, welche man Stein für Stein abgetragen und neu errichtet hat. Auch
hier bekommen wir ein gutes Quartier im Refugio.
30-Durch Nebel geht es heute voran. Ziel ist Palas de Rey. Die Landschaft ist typisch
galizisch. Grüne Weiden, Horreos, Steinwälle an den Wegen. Es gibt wenig kulturell
Sehenswertes, dafür Natur pur. Alle 500 Meter ein „Meilenstein“ am Weg, der die
Strecke bis Santiago zeichnet. Auch in Palas ist das Refugio sehr ordentlich, wir
bekommen saubere Betten und genießen den Abend zusammen mit den anderen
Pilgern in der Gastwirtschaft oberhalb der Herberge. Ein lustiger interkultureller Abend
bei Wein und Tortillas.
31-Arzua, unsere vorletzte Station vor Santiago erreichen wir nach langen Wegen
durch galizische Dörfer, vorbei an den typischen Getreidespeichern. Die Luft hat sich
geändert. Wir laufen durch Eucalyptuswälder, die ich auch schon von Südamerika
kenne. Dieser hier nicht heimische Baum wächst sehr schnell weshalb man ihn den
heimischen Bäumen vorzieht. Eine kleine Schlange kreuzt unseren Weg bevor wir in
Arzua das Refugio suchen. Es ist ein mit Betten vollgestopfter Raum, den wir nur zu sechst teilen. Zum Glück, die sanitären
Einrichtungen sind miserabel, bei Vollbelegung sicher ein Problem.
32-Heute erreichen wir unser Ziel, den Monte del Gozo, den Berg der Freude wo wir das erste Mal auf Santiago schauen
können. In Lavacolla suchen wir die Stelle wo sich mittelalterliche Pilger vom Schmutz der Reise gereinigt haben. Dann
geht es hinauf, vorbei an den Gebäuden der spanischen Fernsehanstalten bis wir am Denkmal von Papst Johannes Paul II
stehen und die Spitzen der Kathedrale sehen können. Santiago liegt uns zu Füßen. Im großen Refugio am Monte del Gozo
übernachten wir ein letztes Mal und betreten am 10. Juni morgens die Kathedrale. Das „Vater unser“ schallt uns entgegen,
wir kommen zum Segen, ein würdiger Abschluss unserer Pilgerreise.
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